Am frühen Morgen des 1. August 1753 besteigen zwei prominente Mitglieder einer gelehrten Innsbrucker Gesellschaft ihre Pferde und reiten über Windegg ins Voldertal. Nach einer Aufenthalt im Volderwildbad lassen sich Graf Joseph von Fieger und den Regimentsrat Gottfried Feiherr von Elsasser trotz des schlechten Wetters nicht vom Ziel ihres Forschungsritts abhalten, dem Schwarzbrunn. Mit von der Partie ist jetzt auch der Bruder von Gottfried, Amadeus Freiherr von Elsasser, der sich in Volderwildbad aufgehalten hatte. Doch warum nehmen die drei die Strapazen auf sich?
Schwarzbrunn war damals schon 100 Jahre als Heilquelle bekannt. Schon 1656 suchte ein gewisser Joachim Trojer um die Erlaubnis an, dort ein Wildbad zu errichten. Die Haller Saline vereitelte sein Vorhaben aus Angst um das Holz im Voldertal, das doch für das Haller Pfannhausamt verkohlt oder anderwertig aufgebraucht werden könnte. Obwohl sich verschiedene Ärzte positiv zur Heilkraft des Wassers äußerten, stemmte sich die Saline mehrfach gegen eine Erschließung. Als Argument wurde nicht nur die Sorge um genügend Holz ins Feld geführt, sondern auch Angst vor „liederlichem Gesindel“ oder die Branntweinhütte mit ihren „Sünd und Lastern“ im Schwarzbrunn mussten herhalten. Dabei ist zu sagen, dass die Branntweinhütte gar nicht beim Schwarzbrunn stand, sondern oberhalb vom Klausboden, also fast eine Gehstunde weiter oben.
Doch den drei adeligen Reitern ging es in erster Linie weder ums Wasser noch ums Holz. Sie hatten sich auf die Suche nach einem besonderen Stein gemacht: dem Veilchenstein. Den hofften sie im Voldertal zu finden. Dabei ging es ihnen nicht um den Stein selbst, sondern um einen rötlichen Überzug, der angeblich nach Veilchen duftet. Gebildet werden die Überzüge von einer Grünalge, die trotz ihres Namens rot ist und lateinisch Trentepohlia iolithus heißt.
Natürlich waren sie auch an der Qualität des Wassers interessiert. Als Indikator für die hervorragende Qualität diente den gelehrten Herrschaften die Echte Brunnenkresse, die dort in den Quellbächen gedeiht. Das Wasser war äußerst begehrt und wurde auch in Volderwildbad zwei Stunden weiter talauswärts verwendet. Nachdem alle Ansuchen um Errichtung eines Bades an Ort und Stelle scheiterten, gab es dort lediglich eine kleine Galthütte, deren Grundmauern auch heute noch 20 Meter nördlich der Schwarzbrunn-Jagdhütte zu finden sind.
Was war an dem Schwarzbrunn-Wasser besonders? Das von vielen Ärzten und Patienten hochgelobte Wasser besticht durch seine Reinheit, die möglicherweise durch die Holzkohleschichten im Quellbereich noch zusätzlich erhöht wurde. Die Heilwirkung des fast mineralfreien Wassers dürfte oft übertrieben dargestellt worden sein. Walter Grabherr berichtet von einer 1945 in Hall gestorbenen Baronin, die immer wieder zu Fuß nach Schwarzbrunn pilgerte und das Wasser talauswärts schleppte.
Die Holzkohle im Boden gibt dem Schwarzbrunn auch seinen Namen. Hier wurde, wie auch anderswo im Voldertal, das Holz zu Holzkohle vermeilert. In der Saline selbst dürfte die Holzkohle kaum zum Einsatz gekommen sein, darauf hat mich Christian Neumann nach dem Artikel über die Köhlereien im Voldertal hingewiesen. Der Spezialist für die Geschichte der Saline Hall wies darauf hin, dass die Holzkohle durch die gemauerten Roste gefallen wäre und damit zum Beheizen der Sudpfannen nicht geeignet gewesen ist. Die Holzkohle dürfte aber in diversen anderen Betrieben Verwendung gefunden haben.
1820 machte der Bergsturz aus der Vorbergreise nur wenige hundert Meter unterhalb von Schwarzbrunn den Bestrebungen, hier ein Heilbad zu errichten, ohnehin ein Ende. Infolge des Bergsturzes soll auch die Quelle fast ganz versiegt sein. Auch wenn es die historische Quelle heute nicht mehr gibt, entspringen im Nahbereich mehrere Quellen. Durch den nahen Bergsturz versiegte auch das Interesse, hier Baulichkeiten zu errichten. Selbst die Galthütte verfiel um die Mitte des 19. Jahrhunderts, nur ein Stall wurde notdürftig bis 1902 erhalten.
Statt dem Wasser wird in dem waldreichen Gebiet die Jagd interessant und so errichtet der Plattnerbauer Andrä Angerer aus Volders um 1909/1910 eine Jagdhütte. Doch schon etwa sechs Jahre danach beschädigt eine Staublawine die Hütte. 1927 wird die neue Schwarzbrunnen-Jagdhütte gebaut.
Die drei gelehrten Herrschaften hatten 1753 Erfolg mit ihrer Unternehmung. Sie fanden im Voldertal mehrere Plätze mit Veilchensteinen, unter anderem auch hier in Schwarzbrunn. Auch heute findet man hier zahlreiche Steine mit solchen Grünalgen. Möglicherweise handelt es sich nicht immer um die Art iolithus, sondern auch um Trentepohlia aurea. Auch wenn diese Algen viel häufiger als damals vermutet vorkommen, fällt rund um Schwarzbrunn auch heute ein Reichtum an Algen, Flechten und Moosen ins Auge. Oft sitzen sie auf Wurzelstöcken, anderswo auf einem der diversen Felsblöcke.
Um die Herkunft der Blöcke rankt sich auch die Sage vom Glungezerriesen. Geht man davon aus, dass nicht ein Riese die Felsblöcke ins Tal hat donnern lassen, wird ihre Gegenwart andere Gründe haben. Ein Teil verdankt sich Felsstürzen. So kamen bei einem Felssturz im Frühjahr 1938 einige Felsblöcke direkt im Voldertalbach zu liegen. Bei anderen Blöcken könnte es sich auch um Reste ausgewaschener Moränen handeln. Überhaupt verdankt sich die Verebnung beim Schwarzbrunn der Endmoräne eines Gletschers. Wie bei der Verebnung am Klausboden hat man das früher auch hier für eine Klause genutzt, um an ihrem unteren Ende das Holz talwärts weiter zu schwemmen.
Einer dieser Blöcke in Schwarzbrunn ist durch seine Größe besonders markant. Zudem wird der acht Meter hohe Felsklotz fast rundum von kleinen Bächen umflossen. Manche mag der Block zum Hinaufklettern verleiten, um die Aussicht von oben zu genießen. Den dritten Grad beim Klettern sollte man dafür aber sicher beherrschen.
Schwarzbrunn ist zweifellos ein Ort mit einer mystischen Ausstrahlung. Beim zuständigen Tourismusverband Hall-Wattens hat man Schwarzbrunn zu einem „Kraftort“ gekürt und ihm auch einen lesenswerten Artikel gewidmet.
Quellen:
Nikolaus Grass und Walter Grabherr: Ein Forschungsritt zum Schwarzbrunnen im Voldertal. Tiroler Heimatblätter 24, 1949. H. 5/6, S. 82-85.
Walter Grabherr: Der Schwarzbrunnen im Voldertal bei Hall in Tirol. Tiroler Heimatblätter. 36, 1961, S. 115–120.
J. MAGIERA: Quartäre Ablagerungen in einigen Nebentälern des Sill- und des Inntals. Seite 203.