Die Reise ist zu Ende

Um Missverständnissen vorzubeugen: Meine persönliche Reise durch das Voldertal ist keineswegs zu Ende. Zu Ende gebracht wird aber der Blog. Er war von vornherein als zeitlich begrenztes Projekt angelegt, das mir im Rückblick persönlich Freude bereitetet hat – und mich auch um einige Erfahrungen reicher gemacht hat. Vielleicht ist mancher neugierig geworden und will sich selber auf den Weg machen. Eines ist sicher: Es gibt hier noch viel zu entdecken, von dem hier gar nicht die Rede war. Die Webseite wird voraussichtlich im Juli offline gehen. Danke allen Lesern und für alle Rückmeldungen. Es sei jedem unbenommen, sich jetzt noch was herunterzuladen. Sollte irgendwo davon etwas veröffentlicht werden, gerne, aber bitte nicht vergessen, den Autor zu nennen (Hermann Hammer).

Von der Stallsins- zur Gwannalm

Steil und felsdurchsetzt fällt die westliche Talflanke zum Voldertalbach ab. Ein bekannter Steig durch diese Flanke ist der Gwannsteig vom Tulfeinjöchl zur Gwannalm. Doch es ist nicht der einzige. Weiter unten gibt es noch einmal einen Steig. Von der Stallsinsalm zieht er meist leicht ansteigend durch die Flanke taleinwärts. Man gelangt zu ihm, wenn man sich auf dem Steig von der Stallsinsalm zur Tulfein knapp oberhalb der Alm nicht rechts hält, sondern links den Bach in Richtung Süden quert.

Knapp nach der Stallsinsalm mit Blick hinüber zum Haneburger und Malgrübler

Der Steig ist teilweise sehr gut erkennbar, teilweise verliert er sich auch und da braucht es schon einen Riecher dafür, wo er wohl weitergehen dürfte. An einigen Stellen findet man sogar alte Stahlseilversicherungen oder besser gesagt, Reste davon.

Alte Seilversicherungen

Es dürfte wohl überflüssig sein zu sagen, dass man sich auf so etwas besser nicht verlässt. Wie überhaupt die Begehung des Steiges nur denjenigen anzuraten ist, die sich in steilem und teilweise absturzgefährdetem Gelände sicher bewegen.

Teilweise geht es über schmale und felsige Bänder

Nach dem Bach bei der Stallsinsalm steigt der Steig leicht gegen Süden hin an, an einigen felsdurchsetzten Passagen trifft man bald auch auf die bereits erwähnten Reste von Seilversicherungen.

Schöner Blick in das Voldertal

Einmal habe ich dann den Steig kurz verloren, bin aber meiner Devise folgend, eher nach oben als nach unten zu gehen, eine felsige Geländerippe etwa 15 Höhenmeter hinauf und siehe, da war er wieder.

Tiefblick zur Voldertalhütte

Weiter führt er dann teilweise recht gut erkennbar durch Wiesenhänge, und im Bereich oberhalb der Voldertalhütte auch über teilweise recht ausgesetzte felsige Bänder.

Eine pittoreske Stelle in einem recht steilen Abschnitt

In einer schuttigen Rinne war dann der Steig wieder weg. Also bin ich die Rinne etwa 30 bis 40 Höhenmeter hinauf, ehe ich mich durch ein paar Erlenstauden und durch Almrosen hindurch in offeneres Gelände emporgearbeitet habe – und voilà, da war wieder ein Steig. Ob es exakt der gleiche wie weiter unten ist, wage ich nicht sicher zu sagen.

Die Hänge oberhalb der Vorbergreise sind stark zerrissen

Jetzt geht es aber über einfaches und offenes Gelände über einen Bach hinweg bis auf die Schulter oberhalb des Abbruches der Vorbergreise. Da wo der Boden durch die Hangbewegungen zerrissen ist, halte ich mich eher rechts hinauf zu einer Schulter und dann weiter zum Gwannsteig, über den es dann einfach zur Gwannalm geht, sowie weiter nach Schwarzbrunn hinunter und zu meinem Ausgangspunkt beim Volderwildbad.

Blick zurück zur Gwannalm

Zur groben Orientierung hier noch meine Gehzeiten: Ausgangspunkt Volderwildbad 14.15 Uhr, Aufstieg über den Junker Rudi Steig und weiter zur Halsmarter und zur Stallsinsalm (15.15 Uhr), dann über den mir bis dahin unbekannten Steig, um etwa 16.35 Uhr treffe ich auf einer Höhe von etwa 2160 Metern auf den Gwannsteig, auf dem zur Gwannalm (17.00 Uhr) und zurück über Schwarzbrunn (17.30 Uhr) nach Volderwildbad (18.30 Uhr). Wer zur Stallsinsalm schon zwei Stunden braucht, rechne für den Rest besser die doppelten Gehzeiten ein…

Die Hütte beim Schwarzbrunnen

Am Largoz im Herbst

Keine Frage, am Largoz kann es zu jeder Jahreszeit schön sein. Doch der Herbst ist hier etwas ganz Besonderes – zumindest ist das meine Erfahrung. In jedem der letzten drei Jahre habe ich hier so etwas wie ein Tabor-Erlebnis gehabt. Die Welt erscheint in einem verklärten Licht. Vielleicht können die Bilder vom Largoz und teilweise auch von der benachbarten Wattenspitze etwas davon erahnen lassen.

Kurz oberhalb der Krepperhütte
Die Sonne kämpft mit dem Nebel
Sonnenuntergang bei der Largozalm
Im Herbst und Winter 2018 stand hier ein besonders schöner Christbaum
Die Sonne funkelt durch den Baum
Blick hinunter zur Largozalm
Vom Glotzen zum Largoz
Eisige Stimmung am Largozgipfel
Ausblick auf die andere Seite
Auch die Steine am Largoz sind es Wert, angeschaut zu werden
Unten der Nebel
Der Stein unterhalb der Wattenspitze markiert den Weg
Das Nebelmeer brandet an die Felsklippen der Wattenspitze

Auf das Rosenjoch – einmal anders

Das Voldertal ist arm an markanten Seitengraten, die in das Tal hineinragen. Nur ein Grat bringt es zu etwas Prominenz, zumindest was seine Erscheinung betrifft – sicher aber nicht die Häufigkeit seiner Begehungen. Seinen Ausgang nimmt er kurz östlich vom Rosenjoch und fällt über mehrere felsige Köpfe hinweg in Richtung Gwannalm ab.

Die malerische Gwannalm auf 1.966 Metern

Diesen Gratrücken habe ich mir vor ein paar Tagen für den Aufstieg auf das Rosenjoch vorgenommen. Kaum einmal Spuren von Begehungen sind hier zu finden, dabei ist der Grat nicht uninteressant, er verschafft ungewohnte Einblicke ins hintere Voldertal und ist nicht wirklich schwierig. Wer sich im II-er Gelände wohlfühlt und ein Gefühl dafür hat, wie man sich in so einem Gelände am leichtesten durchschummelt, kann sich hier ein einsames Erlebnis gönnen.

Hier ging es zuerst zur Einsattelung rechts der Bildmitte und dann links den Rücken hinauf

Ich habe am ersten Boden oberhalb der Gwannalm den Steig durch das Gamskar links verlassen und bin im Aufstiegssinn links der Blockgletscherzunge auf einen Rücken gestiegen. Großteils über unkompliziertes Blockgelände lässt sich der in der Karte mit 2.496 Meter Höhe kotierte Gratpunkt erreichen.

Felsskulptur
Bizzare Felsskulptur am Grat

Danach geht es wieder 30 bis 40 Meter in einen Sattel hinab. Der nächste Gratkopf ist anspruchsvoller, wenn man die steilsten Stellen umgeht aber auch nur II-er Gelände.

Blick zurück auf den Kopf mit der Höhenkote 2.496

Einem senkrechten Riss bin für wenige Meter in die Westflanke ausgewichen. Würde man hier alles direkt anpacken, landet man zumindest im III. Grad.

Hier wird der Grat etwas anspruchsvoller, für die Gämsen kein Problem. Zu sehen auch der senkrechte Riss in einem Block

Nach Nordosten eröffnen sich am Weiterweg über den Grat immer wieder Tiefblicke zur Steinkasern-Alm hinunter.

Tief unterm Grat die Steinkasern-Alm

Schließlich geht es auf die letzte markantere Graterhebung plattig hinauf. Eine kurze steilere Stelle bin ich von der Südseite her angegangen.

Die letzte der markanten Graterhebungen

Der restliche Kamm in Richtung Rosenjoch ist unkompliziertes Gehen über teilweise blockiges Gelände.

Der letzte Gratabschnitt bietet eine aussichtsreiche Promenade

Zum Schluss erkennt man auch noch alte Markierungen. Der Steig aus dem Gamskar dürfte früher hier heraufgekommen sein und nicht wie heute nördlich vom Rosenjoch.

Um diesen Blockgletscher macht der Grat im Hintergrund einen Bogen

Noch ein paar Anmerkungen zur Gehzeit, ich habe vom Parkplatz Nösslach bis zum Rosenjoch 2 Stunden 45 Minuten gebraucht, würde mich aber als Alleingeher mit eher zügigem Tempo beschreiben. Die Variante über den Grat dürfte gut eine halbe Stunde mehr in Anspruch genommen haben als der Aufstieg über den Steig durchs Gamskar.

Auch der Abstieg am Normalweg durch das Gamskar bietet schöne Landschaftseindrücke

Ein neues Gipfelkreuz

Seit Juni gibt es im Voldertal ein neues Gipfelkreuz: Ein kleines, schmiedeisernes Kreuz ziert den Gipfelfelsen der 2.321 Meter hohen Wattenspitze. Auch wenn das schwarze Gipfelkreuz mit dem Korpus eher wie ein Friedhofskreuz wirkt, liegt beim Kreuz auch eine Überraschung versteckt.

Das schmiedeeiserne Kreuz erinnert an ein Friedhofskreuz

Als ich das Gipfelbuch in die Metallkassette zurücklege, fällt mir noch eine kleine Plastikbox auf. Was mag das sein? Ein Geocache? Nein, es sind wasserdicht abgepackte Spielkarten zum Watten, „viel Spaß beim Watten auf der Wattenspitze“ heißt es da. Allzu ausgelassen sollte die Watterrunde auf dem überhängenden Gipfelfelsen allerdings nicht ausfallen.

Einladung zu einer Watterrunde auf der Wattenspitze

Der erste Eintrag im Gipfelbuch stammt vom 18. Juni, davor heißt es:

„Errichtet im Juni des Coronajahres 2020 mit Zustimmung der Almgemeinschaft Largoz und der Gemeinde Volders, im Namen des Heeressportvereines Absam/Alpinismus. Für die hilfreiche Unterstützung danken wir Irmi RENZLER, Robert JANUSCHKE, Peppi LESSIAK

Ewald EISENDLE und
Conny HOPPICHLER“

Ein kleiner Wegweiser am Weg durch die Ostflanke der Wattenspitze lädt zum Gipfelbesuch ein

Mein Eindruck vom Gipfelkreuz: Es ist einmal nicht ein übergroßes, protziges Kreuz sondern etwas ganz anderes, das allerdings recht stark an ein Friedhofskreuz erinnert. Wie mir Ewald Eisendle mitgeteilt hat, schaut das Kreuz nicht nur wie ein Friedhofskreuz aus, sondern es ist tatsächlich eines. „Handgeschmiedet und in bestem Zustand wollt ich es nicht verwerfen und hab ihm so einen neuen Zweck gegeben“, schreibt Eisendle. Das schräg stehende Kreuz steht jetzt übrigens im Lot.

Zu Besuch in Schwarzbrunn

Am frühen Morgen des 1. August 1753 besteigen zwei prominente Mitglieder einer gelehrten Innsbrucker Gesellschaft ihre Pferde und reiten über Windegg ins Voldertal. Nach einer Aufenthalt im Volderwildbad lassen sich Graf Joseph von Fieger und den Regimentsrat Gottfried Feiherr von Elsasser trotz des schlechten Wetters nicht vom Ziel ihres Forschungsritts abhalten, dem Schwarzbrunn. Mit von der Partie ist jetzt auch der Bruder von Gottfried, Amadeus Freiherr von Elsasser, der sich in Volderwildbad aufgehalten hatte. Doch warum nehmen die drei die Strapazen auf sich?

Bei Schwarzbrunn entspringen mehrere Quellen

Schwarzbrunn war damals schon 100 Jahre als Heilquelle bekannt. Schon 1656 suchte ein gewisser Joachim Trojer um die Erlaubnis an, dort ein Wildbad zu errichten. Die Haller Saline vereitelte sein Vorhaben aus Angst um das Holz im Voldertal, das doch für das Haller Pfannhausamt verkohlt oder anderwertig aufgebraucht werden könnte. Obwohl sich verschiedene Ärzte positiv zur Heilkraft des Wassers äußerten, stemmte sich die Saline mehrfach gegen eine Erschließung. Als Argument wurde nicht nur die Sorge um genügend Holz ins Feld geführt, sondern auch Angst vor „liederlichem Gesindel“ oder die Branntweinhütte mit ihren „Sünd und Lastern“ im Schwarzbrunn mussten herhalten. Dabei ist zu sagen, dass die Branntweinhütte gar nicht beim Schwarzbrunn stand, sondern oberhalb vom Klausboden, also fast eine Gehstunde weiter oben.

Die Salinenverwaltung beanspruchte im Voldertal praktisch das gesamte Holz für sich

Doch den drei adeligen Reitern ging es in erster Linie weder ums Wasser noch ums Holz. Sie hatten sich auf die Suche nach einem besonderen Stein gemacht: dem Veilchenstein. Den hofften sie im Voldertal zu finden. Dabei ging es ihnen nicht um den Stein selbst, sondern um einen rötlichen Überzug, der angeblich nach Veilchen duftet. Gebildet werden die Überzüge von einer Grünalge, die trotz ihres Namens rot ist und lateinisch Trentepohlia iolithus heißt.

Ein Felsblock mit roten und gelben „Grünalgen“

Natürlich waren sie auch an der Qualität des Wassers interessiert. Als Indikator für die hervorragende Qualität diente den gelehrten Herrschaften die Echte Brunnenkresse, die dort in den Quellbächen gedeiht. Das Wasser war äußerst begehrt und wurde auch in Volderwildbad zwei Stunden weiter talauswärts verwendet. Nachdem alle Ansuchen um Errichtung eines Bades an Ort und Stelle scheiterten, gab es dort lediglich eine kleine Galthütte, deren Grundmauern auch heute noch 20 Meter nördlich der Schwarzbrunn-Jagdhütte zu finden sind.

Die Grundmauern der um 1850 verfallenen Galthütte

Was war an dem Schwarzbrunn-Wasser besonders? Das von vielen Ärzten und Patienten hochgelobte Wasser besticht durch seine Reinheit, die möglicherweise durch die Holzkohleschichten im Quellbereich noch zusätzlich erhöht wurde. Die Heilwirkung des fast mineralfreien Wassers dürfte oft übertrieben dargestellt worden sein. Walter Grabherr berichtet von einer 1945 in Hall gestorbenen Baronin, die immer wieder zu Fuß nach Schwarzbrunn pilgerte und das Wasser talauswärts schleppte.

Auch bei der Jagdhütte fließt Quellwasser

Die Holzkohle im Boden gibt dem Schwarzbrunn auch seinen Namen. Hier wurde, wie auch anderswo im Voldertal, das Holz zu Holzkohle vermeilert. In der Saline selbst dürfte die Holzkohle kaum zum Einsatz gekommen sein, darauf hat mich Christian Neumann nach dem Artikel über die Köhlereien im Voldertal hingewiesen. Der Spezialist für die Geschichte der Saline Hall wies darauf hin, dass die Holzkohle durch die gemauerten Roste gefallen wäre und damit zum Beheizen der Sudpfannen nicht geeignet gewesen ist. Die Holzkohle dürfte aber in diversen anderen Betrieben Verwendung gefunden haben.

Die Vorbergreise ist nur wenige hundert Meter entfernt

1820 machte der Bergsturz aus der Vorbergreise nur wenige hundert Meter unterhalb von Schwarzbrunn den Bestrebungen, hier ein Heilbad zu errichten, ohnehin ein Ende. Infolge des Bergsturzes soll auch die Quelle fast ganz versiegt sein. Auch wenn es die historische Quelle heute nicht mehr gibt, entspringen im Nahbereich mehrere Quellen. Durch den nahen Bergsturz versiegte auch das Interesse, hier Baulichkeiten zu errichten. Selbst die Galthütte verfiel um die Mitte des 19. Jahrhunderts, nur ein Stall wurde notdürftig bis 1902 erhalten.

Nahaufnahme einer der „Grünalgen“ bei Schwarzbrunn

Statt dem Wasser wird in dem waldreichen Gebiet die Jagd interessant und so errichtet der Plattnerbauer Andrä Angerer aus Volders um 1909/1910 eine Jagdhütte. Doch schon etwa sechs Jahre danach beschädigt eine Staublawine die Hütte. 1927 wird die neue Schwarzbrunnen-Jagdhütte gebaut.

Die Jagdhütte

Die drei gelehrten Herrschaften hatten 1753 Erfolg mit ihrer Unternehmung. Sie fanden im Voldertal mehrere Plätze mit Veilchensteinen, unter anderem auch hier in Schwarzbrunn. Auch heute findet man hier zahlreiche Steine mit solchen Grünalgen. Möglicherweise handelt es sich nicht immer um die Art iolithus, sondern auch um Trentepohlia aurea. Auch wenn diese Algen viel häufiger als damals vermutet vorkommen, fällt rund um Schwarzbrunn auch heute ein Reichtum an Algen, Flechten und Moosen ins Auge. Oft sitzen sie auf Wurzelstöcken, anderswo auf einem der diversen Felsblöcke.

Die Flechte (möglicherweise Xanthoria elegans) sieht der Veilchen-Grünalge aus der Entfernung ähnlich

Um die Herkunft der Blöcke rankt sich auch die Sage vom Glungezerriesen. Geht man davon aus, dass nicht ein Riese die Felsblöcke ins Tal hat donnern lassen, wird ihre Gegenwart andere Gründe haben. Ein Teil verdankt sich Felsstürzen. So kamen bei einem Felssturz im Frühjahr 1938 einige Felsblöcke direkt im Voldertalbach zu liegen. Bei anderen Blöcken könnte es sich auch um Reste ausgewaschener Moränen handeln. Überhaupt verdankt sich die Verebnung beim Schwarzbrunn der Endmoräne eines Gletschers. Wie bei der Verebnung am Klausboden hat man das früher auch hier für eine Klause genutzt, um an ihrem unteren Ende das Holz talwärts weiter zu schwemmen.

Die Aussicht vom größten der Felsblöcke, allerdings mit Vorsicht zu genießen

Einer dieser Blöcke in Schwarzbrunn ist durch seine Größe besonders markant. Zudem wird der acht Meter hohe Felsklotz fast rundum von kleinen Bächen umflossen. Manche mag der Block zum Hinaufklettern verleiten, um die Aussicht von oben zu genießen. Den dritten Grad beim Klettern sollte man dafür aber sicher beherrschen.

Schwarzbrunn ist jetzt auch offiziell ein „Kraftort“

Schwarzbrunn ist zweifellos ein Ort mit einer mystischen Ausstrahlung. Beim zuständigen Tourismusverband Hall-Wattens hat man Schwarzbrunn zu einem „Kraftort“ gekürt und ihm auch einen lesenswerten Artikel gewidmet.

Quellen:

Nikolaus Grass und Walter Grabherr: Ein Forschungsritt zum Schwarzbrunnen im Voldertal. Tiroler Heimatblätter 24, 1949. H. 5/6, S. 82-85.

Walter Grabherr: Der Schwarzbrunnen im Voldertal bei Hall in Tirol. Tiroler Heimatblätter. 36, 1961, S. 115–120.

J. MAGIERA: Quartäre Ablagerungen in einigen Nebentälern des Sill- und des Inntals. Seite 203.

Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt 2005, S. 337f.

Illegale Machenschaften

Ein kleiner Bach durchströmt eine Lichtung im Zirbenwald. Über die Lichtung verstreut ragen ein paar niedrige Steinmauern aus dem Boden. Auf dem ersten Blick könnte es sich um eine verfallene Alm handeln. Doch hier ist es auch um etwas anderes gegangen. Wir sind hier bei der Lindnerschen Branntweinhütte.

Das Branntweinkeartl, auf einer Fläche von etwa 30 Mal 30 Meter findet man mehrere Mauerreste

Vor 300 Jahren flackert in einer der Hütten unter einem Kessel ein Feuer. Im Kessel kochen vergorene Enzianwurzeln. Oben sammelt sich das „Rauchwasser“, nach einem zweiten Durchgang wird es zu Schnaps. Dass man heute nur mehr Reste der Grundmauern findet, verdankt sich nicht nur dem natürlichen Verfall. Hier wurde nachgeholfen. Zuerst wurde die Brennerei von einem zugewanderten Tuxer betrieben, dessen Konzession aber erlosch mit seinem Tod. Seine Kinder führten dennoch den Betrieb weiter. Wiederholt ging die Obrigkeit wenig zimperlich gegen die Brennerei vor und die Hütten wurden niedergebrannt. Zuletzt 1749, als die Innsbrucker Hofkammer die Zerstörung anordnete.

Ikea-Bügelflaschen wird es vor 300 Jahren nicht gegeben haben, aber in diesen Mauern entstand der Enzianschnaps

Illegal war das Brennen hier am sogennanten „Branntweinkeartl“ allemal, ob es auch moralisch verwerflich war, ist eine andere Frage. Hier ging es nicht um Reichtum, sondern ums Überleben von Menschen, die der Unterschicht angehörten. Im Zillertal gab es damals das Sprichwort „arm wie ein Wurzelgraber“. Verboten war das Brennen nicht überall und unbedingt. Die Obrigkeit konnte das Brennen genehmigen und nicht selten dürfte das Brennen geduldet worden sein.

Reste einer sehr kleinen Hütte unter einer Zirbe

Viele werden beim Stichwort Enzian an die bekannten tiefblauen Blüten des Stengellosen Enzians oder auch des Frühlingsenzians denken. Für die Brenner hatten diese Arten aber keine Bedeutung. Im Voldertal dürften vor allem die Wurzeln des Punktierten Enzians gebrannt worden sein. Ebenfalls zum Brennen ausgegraben wurden in anderen Gegenden die Wurzeln des Gelben Enzians, der aber im Kalkgebirge beheimatet ist, sowie des Purpurenzians, und des Panonnischen Enzians. In Tirol dürften die Enzianbestände unter den Wurzelgrabern ziemlich gelitten haben.

Doch nicht ganz ausgerottet? Punktierter Enzian unterhalb des Largoz

Wie Georg Mutschlechner und Otto Kostenzer schreiben, soll die Ausrottung des Enzians im Voldertal jedoch auf ein Experiment der Salinendirektion in Hall um 1850 zurückgehen: „Diese ließ für 1000 Gulden Enzianwurzeln sammeln, um sie gerieben dem Viehsalz beizumengen. Das billigere Viehsalz sollte so für den menschlichen Genuß vergällt werden. Man hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn das Vieh lehnte das Salz ab und die Salinendirektion sah sich genötigt, das verdorbene Salz in den Inn zu schütten, wodurch auch noch die Fische getötet wurden.“

Im Gelände findet man noch diverse Mauern

Auch wenn sich das Branntweinkeartl gut im hinteren Voldertal versteckt, zu erreichen ist es zwar weglos aber nicht all zu schwer. Die Lichtung liegt auf 1905 Metern Seehöhe östlich oberhalb vom Klausboden. Wo die Straße von der Vorbergalm herauf in einem Linksbogen den Klausboden erreicht und flacher wird, steigt man links durch den mäßig steilen Wald etwa zehn bis 15 Minuten lang hinauf, ehe man die etwa 40 Mal 40 Meter große Lichtung erreicht.

Quellen:

Georg Mutschlechner, Otto Kostenzer (1975): Beiträge zur Technologie und Geschichte der Bereitung des Enzianschnapses in Tirol. – Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum – 55: 61 – 112.

Grabherr Walter, Beiträge zur Waldgeschichte des Voldertales bei Hall in Tirol. In: Tiroler Heimatblätter, Jg. 40, Innsbruck 1965, 4–9

Burkhard Weishäupl, Hochalpine Wüstungen im Voldertal in den Tuxer Alpen,  Forschungsberichte der ANISA für das Internet. 2016

Vom Glungezer auf die Weltmeere

Viele, die diesen Blog lesen, werden den ehemaligen Hüttenwirt der Glungezerhütte, Gottfried Wieser und seine Freundin Darja, kennen. 2017 sind sie mit einem Segelboot zu einer Weltreise aufgebrochen. Mittlerweile haben sie es bis nach Kolumbien geschafft und sind wohlauf.

Im Herbst 2017 starteten Darja, Gottfried und der Hund Tino die Reise auf der Galathea. Nach dem Start von den Kanaren ging es zunächst in Richtung Südwesten zu den Kap Verden. Auf den Inseln, einige hundert Kilometer westlich vom Senegal, verbrachten die drei ein Jahr, ehe es im Jänner 2019 über den Atlantik ging. Laut Gottfried war die Überfahrt angenehm und auch „die Wetterkapriolen hielten sich in Grenzen“. Gelandet sind die drei dann in Tobago, also nördlich von Venezuela.

Weiter ging es dann in Richtung Norden nach Grenada und den Inseln der Grenadinen, ein Karibik-Idyll mit Abstrichen. „Eindrückliche Riffe, winzige Inseln zu Hauf gibt es dort. Leider hat sich die Region verkommerzialisiert. Auch hier hat der Tourismus viele Schäden angerichtet“. Nach einer abenteuerlichen Überfahrt mit heftigen Gewittern, Sturm, Flauten und Gefahr durch Piraten sind die drei in Kolumbien angelandet, für Gottfried „ein wunderbares Land mit freundlichen Menschen“. Nach der Coronakrise, die auch vor Kolumbien nicht halt macht, soll es eine vierwöchige Rundreise durch Kolumbien geben.

Ende Mai soll dann auf die zu Panama gehörenden San Blas Inseln gewechselt werden und in Guatemala wollen die drei das Ende der Hurricansaison abwarten. Weiters am Reiseplan stehen Jamaica und Kuba, ehe es Anfang 2021 nach Brasilien, Uruguay, Paraguay, Argentinien und Chile geht, „vielleicht gibt es dann ein Wiedersehen in Patagonien, das Traumziel vieler Bergsteiger“.

Der Bergsturz im Voldertal

Vor genau 200 Jahren, also im Februar 1820, ging im Voldertal aus der Ostflanke des Glungezers ein Bergsturz nieder. Der Bergsturz prägt auch heute noch das Erscheinungsbild des mittleren Voldertals und spiegelt sich in der Sagenwelt wieder.

Die Vorbergreise prägt das mittlere Voldertal

Es ist tiefer Winter, als die Bewohner im vorderen Voldertal ein Getöse und ein dumpfes Grollen hören. Es folgt ein heftiger Windstoß, der eine Wolke von gelbem Schnee durch das Tal hinausbläst. „Das furchtbare Krachen war noch einige Male während des Tages unheildrohend aus der Schlucht zu hören. Die tiefen Schneemassen verhinderten alle Nachforschungen; nur der Bach kündigte durch das Versiegen seiner Wässer jenes große Hindernis an, das seinen Lauf hemmte.“ Im Frühjahr sah man, dass eine ausgedehnte Weide auf dem Bergrücken verschwunden war „und ein gewaltiger Felsblock von gelber Farbe erhob sich an der gleichen Stelle vor dem erstauten Blick des unglücklichen Eigentümers der Wiese“. So zitiert Walter Grabherr in den Tiroler Heimatblättern einen Bericht, der 1826 auf französisch erschien.

Blick vom Haneburger auf die Vorbergreise

Wie Grabherr in seinem Artikel „Über einige beachtenswerte Naturereignisse im Rosenjoch im Voldertal bei Hall in Tirol“ schreibt, ist es nicht ganz sicher, dass sich der Bergsturz im Februar 1820 ereignete. Der 1826 erschienene französischsprachige Bericht spricht aber von dem Ereignis „vor sechs Jahren“ und auch die Volksüberlieferung spricht laut Grabherr für 1820. Dazu nennt Grabherr noch ein weiteres Faktum: Die Witterung in diesem Winter: In der Weihnachtswoche 1819 habe es ergiebig bis ganz hinauf geregnet und große Schneemengen seien geschmolzen. Danach sei es empfindlich kalt geworden, was die Frostsprengung begünstigte. Dadurch gab es gleichzeitig im Alpenraum mehrere Berg- und Felsstürze sowie Murenabgänge. So soll es Mitte Februar 1820 im Eingangsbereich zur Kranebitter Klamm bei Innsbruck einen größeren Felssturz gegeben haben.

Hier gab es von 1820 bis etwa 1900 einen See

Der Bergsturz aus der Vorbergreise staute den Voldertalbach auf und es bildete sich ein See, aus dem große Felsblöcke emporragten. Dieses Bild spiegelt sich auch in der Sage vom Glungezerriesen wieder. Eine etwas andere Version der Sage bietet die Erzählung von einem ergrimmten Rautenkönig vom Rosenjoch, der die Burg des Königs auf Tulfein samt dem König und seinen sieben schönen Töchtern in das Tal hinabstürzen lies, wo sie im Schwarzbrunnsee versanken. Anfang des 20. Jahrhunderts war der maxmimal zwei Meter tiefe See wieder zugeschottert und damit verschwunden.

Auch heute gibt es immer wieder kleinere Felsstürze

Doch immer wieder kam es auch später aus der Vorbergreise zu Felsstürzen, wie etwa auch die Innsbrucker Nachrichten in ihrer Ausgabe vom 27. Jänner 1927 schildern: „Nur die mutigsten Gemsjäger wagen sich in diese von Rissen und Spalten durchzogene wilde Bergwelt und wissen nicht genug von den Verwüstungen zu erzählen, die das abbröckelnde und sich zu Tal schiebende Gestein und die Erdmassen hervorrufen. Oftmals hatte sich dort binnen Monaten die Gegend so verändert, dass sie selbst die geübtesten Jägeraugen nicht gleich wiedererkennen konnten“.

Ein Felskörper hat sich vom restlichen Berg abgesetzt

Bis heute ist die Vorbergreise nicht zur Ruhe gekommen. Vereinzelt stürzen immer wieder Felsen und Steine talwärts, wie frische Anbrüche und Spuren zeigen. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts beschreibt Grabherr am oberen Rand des Bergsturzes einen Geländestreifen, der sich vom Berg abgesetzt hat und dem er prophezeit, dass er ebenfalls einmal abstürzen wird. Bis heute hat sich dieser Streifen am Berg gehalten, aber möglicherweise ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch dieser Teil in das Voldertal hinunterstürzt.

Runde über Rosskopf und Largoz

Es ist zwar Jänner, aber vielleicht denkt der eine oder andere schon nach, was er in der warmen Jahreszeit machen könnte. Die Tour über Rosskopf und Largoz hat sich bei mir zu einem Favoriten gemausert, weil sie in wenigen Stunden machbar ist und dennoch ein bisschen alpines Gefühl vermittelt.

Stellenweise bieten sich recht alpine Eindrücke, wie hier unterm Rosskopf

Viele gehen auf den Largoz, kaum einer geht dann weiter. Und gerade das würde sich aber lohnen. Die Wanderung über Rosskopf und Wattenspitze zum Largoz ist nicht übermäßig lang, hält aber eine Reihe schöner und vor allem verschiedener Eindrücke bereit.

Durch den Wald geht es in Richtung Largozalm

In welcher Richtung man die Runde geht ist egal. Gleich bleibt der Aufstieg vom Parkplatz bei der Krepperhütte zur Largozalm. Ich empfehle vom Parkplatz zuerst die Straße links hinauf zu nehmen und nach etwa 50 Metern rechts auf einen nicht markierten Steig zu wechseln. Er quert kurz darauf die Rodelbahn und führt dann stark rechts haltend zum eigentlichen Largozalm-Steig.

Da Almdorf der Largozalm auf etwa 1930 Metern

Einige Male Forstwege querend erreicht man so mehr oder weniger steil nach nicht ganz 600 Höhenmetern die Alm. Damit hat man auch schon den größten Teil des Anstiegs hinter sich. Soll es zuerst auf den Rosskopf gehen, der mit seinen 2.382 Metern den höchsten Punkt der Wanderung darstellt, nimmt man von der Alm den Fahrweg nach rechts. Zuerst um einen Rücken herum führt er weiter ansteigend in Richtung Süden. Bevor der Fahrweg leicht zu fallen beginnt, beginnt links der Steig in Richtung Haneburger und Rosskopf.

Zwischen Largozalm und Rosskopf liegen einige Lacken

Zuerst über Almböden und an einigen Lacken vorbei gewinnt der Weg an Höhe und erreicht zuletzt durch steileres Gelände den Südrücken des Rosskopfs.

Dieses Kreuz steht auf einem Felszacken zwischen Rosskopf und Haneburger

Hier verlässt man den Steig in Richtung Haneburger und steigt links auf Steigspuren über mittelsteile Hänge zum flachen Gipfel des Rosskopfs empor.

Am Rosskopf

Derzeit ragt im Gipfelbereich ein kleines und windschiefes Kreuz aus einem Steinhaufen. Das Kreuz scheint nicht gerade für die Ewigkeit gemacht zu sein. Mal sehen ob es im Sommer noch steht.

Blick vom Rosskopf zur Kalkwand in der Lizum und zum Hohen Riffler in den Zillertalern

Weiter geht es vom Rosskopf über ein Steiglein in Richtung Wattenspitze, die mit 2321 Metern der zweithöchste Gipfel der Runde ist, falls man sie auch wirklich besteigen und nicht umgehen möchte.

Im Inntal geht die Sonne auf

Mit ein wenig Spürsinn gibt es auf dem Steig kaum Orientierungsschwierigkeiten und vor allem immer wieder herrliche Ausblicke in das Inntal.

Am Steig zwischen Rosskopf und Wattenspitze

Vor der Wattenspitze wechselt der Steig auf die Wattentaler Seite und quert auf etwa 2280 Metern Höhe in Richtung Norden. Natürlich kann man auch direkt dem teilweise felsigen und schroffen Gipfelkamm der Wattenspitze folgen. Die Wattenspitze scheint ein geologisch recht instabiles Gelände zu sein.

Hier löst sich ein Teil des Grates vom restlichen Felsverband

Teilweise ist der Gipfelgrat zerrissen und im nördlichen Teil des Gipfelgrates entgeht einem geologisch geschulten Auge nicht, dass sich ein großer Block aus dem Berg löst und möglicherweise eines Tages in Richtung Voldertal hinunterbrechen wird.

Im schroffen Gipfelbereich der Wattenspitze

Aber auch der Steig durch die Ostflanke der Wattenspitze erfordert in einigen steileren Bereichen etwas Aufmerksamkeit. Von der Wattenspitze geht es dann durch leichtes Blockgelände hinunter und weiter zum Largoz hinüber.

Pittoresker Fels am Gipfel des Largoz

Ich empfehle vor dem Largoz unter den zahlreichen Steigspuren eher eine weiter oben zu nehmen, so gerät man weniger ins Almrosengebüsch und kommt leichter auf den Largozgipfel.

Das Largozkreuz etwas unterhalb des höchsten Punktes

Besonders im Frühsommer blüht es am Largoz üppig. Hervorzuheben sind hier die weißen Anemonen oder die pinken Zwergprimeln.

Zwergprimeln am Largoz

Nach dem Largoz kann man noch am Kamm bis zum Glotzenkreuz hinunter wandern, von dem ein Steig linkshaltend zur Largozalm zurückführt.

Anemonen beim Largozkreuz

Das ist zwar ein wenig weiter als der direkte Abstieg, aber dafür aussichtsreicher. Bei der Largozalm kann man sich dann an Bier, Radler oder Limo im Brunnen bedienen.

Zurück bei der Largozalm wartet im Brunnen eine Erfrischung

Für die ganze Runde sind im Aufstieg etwa 1.100 Höhenmeter zu überwinden. Im Winter dürfte sich die Runde als Skitour eher nicht lohnen. Durchaus lohnend empfinde ich neben dem allseits bekannten Largoz den Rosskopf als Skitour.

Im Winter am Rosskopf

Er wird viel weniger als der Largoz bestiegen, denn immerhin sind ein paar flachere Stücke unterhalb der Wattenspitze in Kauf zu nehmen. Die Hänge und Mulden nordwestlich vom Rosskopf herunter bieten aber schönes und meist wenig verspurtes Skigelände, wenn auch nur auf wenigen hundert Metern.